Achtsamkeit – nur ein Modewort?
Achtsamkeit ist erstmal eine Fähigkeit. Eine Fähigkeit, im gegenwärtigen Moment präsent zu sein, ohne jegliche Bewertung oder Schubladendenken.
Christopher Germer hat das wundervoll beschrieben:
„Achtsamkeit heißt, STAUNEND in den Nachthimmel zu schauen und die funkelnden Sterne ✨ wahrzunehmen – bevor unser Verstand sagt: Das ist der Große Wagen.“
Wenn die Fähigkeit der Achtsamkeit wächst, kann sich daraus eine innere Haltung oder sogar eine Lebenseinstellung entwickeln. Wofür brauchst du das? Die meisten Menschen behaupten, die Zeit vergeht immer schneller. Das glaube ich nicht. Der Tag hat immer noch 24 Stunden. Nur wir nehmen es anders wahr. Wir sind immer ein Stück weiter. Während wir morgens aufstehen, sind wir schon am Frühstück vorbereiten, während wir Essen, sind wir schon auf dem Weg zur Arbeit, während wir noch auf dem Weg sind, arbeiten wir schon. Selbst wenn wir spazieren gehen, sind wir woanders. Und so verpassen wir das Leben, denn das Leben findet hier und jetzt statt.
In den Seminaren frage ich manchmal die Teilnehmer, ob sie alleine duschen. Ich werde dann meistens mit großen Augen angeguckt. Aber ehrlich gesagt, die meisten von uns haben einige Familienmitglieder, Arbeitskollegen, den Chef, vielleicht noch Sportfreunde, Haustiere und sonst was unter der Dusche. Klar, „nur“ im Kopf, aber sie sind da! Wäre es nicht sinnvoller, die Dusche in eine Achtsamkeits-Oase zu verwandeln? Und ganz alleine das warme Wasser auf der Haut zu spüren, das Duschgel zu riechen, sich selbst eine Kopfmassage zu schenken?
Wenn ich achtsam bin, nehme ich eher die Signale des Körpers wahr. Ich merke, dass mir etwas nicht guttut. Dass ich Pause brauche.
Wenn ich achtsam bei der Sache bin, weiß ich, ob das Bügeleisen aus war, wo ich den Schlüssel hingelegt habe und ob die Tür abgeschlossen ist. Ich nehme bewusst wahr, dass die Sonne auf- und untergeht, dass die Erde im Herbst anders riecht…
Ich arbeite im Hospiz und weiß, dass es schwerer ist zu gehen, wenn man noch gar nicht gelebt hat.